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Meine Faszination für Sprache – Teil eins

 

So wie für die meisten Übersetzer ist dies auch für mich nicht nur ein Job, um meinen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen… es macht mir einfach große Freude, mit Sprache zu arbeiten.
Ich war schon immer ein „Sprachenmensch“.

 

Dies spiegelt sich in meinem Leben übrigens in vielerlei Hinsicht wider. Mir ist ein schriftlicher Kontakt per E-Mail stets lieber als ein telefonischer. Ein Kompliment oder eine Kritik in Schriftform hinterlässt bei mir einen sehr viel stärkeren Eindruck als in gesprochener Form.

 

Wenn ich ein wenig weiter zurückblicke, so waren es für mich große Herausforderungen in meiner Kindheit, das Binden von Schnürsenkeln, die Namen der Farben und den Unterschied zwischen rechts und links zu lernen, während mir das Lesen von Anfang an recht leicht fiel. Ich bin unendlich dankbar, dass ich mich als Kind ohne Ablenkung durch das Internet (und ich spüre mein Alter bei diesen Worten) jede Woche in eine Unzahl von ausgeliehenen Büchern vertiefen konnte. Ich verschlang jedes von vorn bis hinten, erweiterte dadurch meinen Wortschatz und steigerte meine Ausdrucksfähigkeit.

 

Heute geht es mir so wie Vielen mit einer Familie und einem Vollzeitjob und, obwohl ich ein regelmäßiger amazon-Kunde bin, ist es für mich ein wahrer Luxus, wenn ich Zeit zum Lesen neuer Bücher finde. Dadurch fühlt es sich für mich noch besser an, dass ich bereits in jungen Jahren so viele Bücher lesen konnte – ich war kein „Kindle Kid“!

 

Als ich mit meinem Studium der französischen und deutschen Sprache begann, fesselten diese neuen Sprachwelten meine Vorstellungskraft; allerdings war ich stets ein Freigeist und es kam oft zu Auseinandersetzungen mit den strengeren Lehrkräften. Aber natürlich bin ich ihnen auch für das von ihnen vermittelte solide Wissensfundament zu großem Dank verpflichtet, das mir große Dienste geleistet hat und dies auch weiterhin tut.

 

Wenn ich auf meine Zeit an der Universität zurückblicke, fällt mir der erste, eigentlich selbstverständliche Schlüsselsatz ein: „Übersetzen Sie keine Worte, sondern Ideen…“. Ich kann mich zum Beispiel noch gut an meine frühe, ungelenke Übersetzung von „Rabelais’ exploration of teaching“ erinnern. Mit einem Hauch von Magie ersetzte mein Lehrer diese Worte spontan durch „Rabelais’ flights of fantasy into the realms of learning“.

 

Um Ideen zu übersetzen, muss man nicht nur die Worte verstehen, sondern auch die Gedankengänge des Verfassers

des Originaltextes gut genug durchdringen, um sie ganz natürlich in der Zielsprache wiederzugeben. Der Heilige Graal besteht darin, eine Übersetzung so flüssig lesbar zu gestalten, als sei sie in der Zielsprache verfasst worden.
Es folgen einige alltägliche Beispiele, um den Unterschied zwischen wörtlicher und tatsächlicher Bedeutung zu veranschaulichen:

Beispiel 1 Ein häufiges Beispiel aus der Kindheit
Die Mutter zu mir:                  „Würdest du gern dein Zimmer aufräumen?“
[ wörtliche Bedeutung] ]           „Would it give you pleasure to tidy your room?“
[ tatsächliche Bedeutung ]         „Räum‘ jetzt dein Zimmer auf!“

 

Die tatsächliche Bedeutung lässt sich nur aufgrund soziokultureller Aspekte verstehen; dazu gehören unter anderem der Kontext (mein Zimmer sieht fürchterlich aus und ein Befehl zum Aufräumen wäre sehr viel plausibler als eine scheinbare „Einladung“), der gesunde Menschenverstand oder auch aus Erfahrung gewonnenes Wissen (das Zimmeraufräumen gilt gemeinhin nicht als Freude bringende Tätigkeit und man wird im Allgemeinen nicht dazu „eingeladen“). Britisches Understatement, eine absichtliche Unbestimmtheit und vielleicht auch die Erziehung meiner Mutter spielen wahrscheinlich auch eine Rolle!

Beispiel 2 Zwei Freunde, A und B, befinden sich in einem kühlen Raum. A öffnet das Fenster.
B zu A: [starr auf das Fenster blickend…] „Es ist ein bisschen frisch hier drin, oder…“
A: [das Fenster schließend] „Okay, schon gut, ich hab‘ verstanden.“

[ wörtliche Bedeutung ]                 „Die Temperatur in diesem Raum ist zu niedrig.“
[ tatsächliche Bedeutung ]               „Mach‘ das Fenster zu!“

 

Auch dies ist ein Beispiel für indirekte Kommunikation, hauptsächlich aus Gründen der Höflichkeit. Wenn die Beziehung zwischen A und B auf einer Hierarchie beruht und B der Vorgesetzte ist, können die wörtliche und die tatsächliche Bedeutung übereinstimmen (d. h. B würde

sich nicht mit Freundlichkeiten aufhalten und einfach nur sagen: „Schließen Sie bitte das Fenster!“).

 

Solche Beispiele sind leicht verständlich und würden wohl zwei Personen, die in einem realen Raum interagieren, genügen, selbst wenn jede die Sprache der anderen nicht gut versteht. Wir Menschen verstehen solche Konzepte wie Kälte, Höflichkeit und Aufforderungen.

 

Allerdings zeigen diese Beispiele auch auf, warum Übersetzungsmaschinen sich trotz Milliardeninvestitionen nach wie vor schwer damit tun, qualitativ hochwertige Übersetzungen hervorzubringen. Eine Übersetzung besteht aus mehr als nur aus Worten, die durch grammatikalischen und lexikalischen Leim zusammengehalten werden… Worte speichern, übermitteln und übertragen menschliche Gedanken und Emotionen, deren Bandbreite häufig von präzise und klar bis hin zu unlogisch und verwirrt reicht.

 

Sprache ist eine zutiefst menschliche Aktivität, voller Feinheiten und Komplexität.

 

Aus diesem Blickwinkel werden Übersetzungsmaschinen wohl noch viele Jahre lang weit hinterherhinken…

 

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